Energiepreisbremse und Abschöpfung von Zufallsgewinnen

Die Bundesregierung entlastet mit den Energiepreisbremsen Privathaushalte und Unternehmen von den infolge des Kriegs in der Ukraine stark gestiegenen Energiekosten.

Das Bundeskabinett hat am 25. November 2022 Gesetzentwürfe für die Strom-, Gas- und Wärmepreisbremsen vorgelegt, die am 15. Dezember 2022 vom Deutschen Bundestag verabschiedet worden sind.

Die Strom-, Gas- und Wärmepreisbremsen gelten ab dem 1. März 2023 rückwirkend für den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 2023. Im März werden entsprechend die Entlastungsbeträge für Januar und Februar 2023 abgerechnet. Eine Verlängerung bis zum 30. April 2024 ist möglich.

Entlastungen

Gas- und Wärmepreisbremse:

  • Für private Haushalte, kleine und mittlere Unternehmen mit einem Gas- und Wärmeverbrauch unter 1,5 Mio. kWh wird für ein Kontingent von 80% des im September 2022 prognostizierten Jahresverbrauchs für 2023 der Gaspreis auf 12ct/kWh (Brutto) und der Wärmepreis auf 9,5ct/kWh (Brutto) reduziert.
  • Industriekunden mit einem Gas- und Wärmeverbrauch über 1,5 Mio. kWh erhalten für ein Kontingent von 70% des Jahresverbrauchs 2021 eine Preisdeckelung des Gaspreises auf 7ct/kWh (Netto) und des Wärmepreises auf 7,5ct/kWh (Netto).

Strompreisbremse:

  • Für Haushalte und Kleingewerbe mit einem jährlichen Verbrauch von bis zu 30.000 Kilowattstunden wird für ein Kontingent von 80% des im September 2022 prognostizierten Jahresverbrauchs für 2023 der Strompreis auf 40ct/kWh (Brutto) reduziert.
  • Für mittlere und große Unternehmen mit mehr als 30.000 Kilowattstunden Jahresverbrauch liegt der Preisdeckel für ein Kontingent von 70% des Jahresverbrauchs 2021 bei 13ct/kWh (Netto).

Höchstgrenzen

Wenn der Letztverbraucher ein Unternehmen ist, darf die Entlastungssumme für sämtliche Netzentnahmestellen des Unternehmensverbundes vor Abzug von Steuern und sonstigen Abgaben gewisse Höchstgrenzen nicht übersteigen. Bei Unternehmen, die nicht als besonders betroffen oder energieintensiv eingestuft werden, gelten Höchstgrenzen von 4 Mio. € bzw. 2 Mio. € je Unternehmensverbund. Die Energiepreisbremsen werden dabei kumuliert betrachtet

Für die besonders großen industriellen Verbraucher mit einer Gesamtentlastung von mehr als 50 Mio. €, 100 Mio. € und bis zu 150 Mio. € gelten jeweils unterschiedliche Regelungen abhängig vom Gewinnrückgang des Unternehmens, der Einordnung als energieintensiver Betrieb oder der Energie- und Handelsintensität der jeweiligen Branche. Für Förderungen ab einer Höhe von 150 Mio. € sind Einzelnotifizierungen bei der Europäischen Kommission erforderlich.

Es ist zu beachten, dass Entlastungen nach den diesem Gesetzt zusätzlich zu Beihilfen, die

  • in den Anwendungsbereich des Befristeten Krisenrahmens der Europäischen Kommission fallen, nur gewährt werden, wenn die dort genannten Vorgaben eingehalten werden,
  • unter die De-minimis-Verordnung oder die Gruppenfreistellungsverordnungen fallen, nur gewährt werden, wenn die Bestimmungen und Kumulierungsvorschriften der betreffenden Verordnung eingehalten werden,
  • unter den Befristeten COVID-19-Rahmen fallen, nur gewährt werden, wenn die einschlägigen Kumulierungsvorschriften eingehalten werden,
  • nach Artikel 107 Absatz 2 Buchstabe b des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union gewährt werden, nur gewährt werden, soweit die Förderung nicht die Einbußen des Empfängers übersteigt.

Mitteilungspflichten

Entsprechend der Höchstgrenzen staffeln sich die Mitteilungspflichten der Unternehmen nach der Größe des Unternehmensverbrauchs: Sie sind am geringsten bei einer Gesamtentlastung aus Strom- und Gaspreisbremse unterhalb von 2 Mio. € und am höchsten, wenn Unternehmen von den größten Beihilfekategorien in Höhe von 50 Mio. €, 100 Mio. € oder 150 Mio. € profitieren wollen.

Alle Unternehmen, deren Entlastung monatlich 150.000 € übersteigt, haben eine Mitteilungspflicht: Sie müssen bis 31. März 2023 ihren Lieferanten mitteilen, welche voraussichtlichen Höchstgrenzen auf sie anwendbar sind und wie die Entlastungsbeträge auf verschiedene Anschlüsse verteilt werden sollten; zum Ende des Jahres müssen diese Unternehmen dann ihrem Versorger die endgültigen Höchstgrenzen mitteilen.

Unternehmen, die über 2 Mio. € Gesamtentlastung in Anspruch nehmen, haben erweiterte Mitteilungs- und Prüfungspflichten gegenüber den Versorgern und der Prüfbehörde (u.a. Liste aller verbundenen Unternehmen sowie deren Netzentnahmestellen, Aufstellung der vom Unternehmensverbund erhaltenen Geldbeträge aus Entlastungsmaßnahmen). Insbesondere erfolgt eine Ex-Post-Überprüfung über die Einhaltung des europäischen Beihilferechts durch die Prüfbehörde.

Sonstige Pflichten

Zudem haben Unternehmen, die über 2 Millionen € Gesamtentlastung in Anspruch nehmen, die Pflicht Arbeitsplätze für die Dauer bis mindestens zum 30. April 2025 zu erhalten. Diese kann entweder in Form eines Tarifvertrages bzw. einer Betriebsvereinbarung, einer schriftlichen Erklärung mit Stellungnahme von den Verhandlungsbeteiligten über die Gründe des Nichtzustandekommens einer Betriebsvereinbarung oder einer Erklärung des Unternehmens mind. 90% der Arbeitsplätze bis zum 30. April 2025 zu erhalten erfolgen. Ein Nachweis über die Arbeitsplatzerhaltungspflicht ist bis zum 15. Juli 2023 bei der Prüfbehörde nachzuweisen.

Unternehmen, deren Entlastung 50 Mio. € übersteigt, unterliegen darüber hinaus einem Boni- und Dividendenverbot, demnach an die Geschäftsleitung und dem Aufsichtsorgan für das Geschäftsjahr 2023 keine Boni oder andere variablen Vergütungen gewährt werden dürfen und für das Geschäftsjahr 2023 keine Gewinnausschüttungen durchgeführt werden dürfen.

Abschöpfung von Zufallserlösen

Bedingt durch die Situation am Strommarkt erzielen viele Stromerzeuger gegenwärtig unerwartet hohe Mehreinnahmen. Zur Finanzierung der Entlastungsmaßnahmen, werden diese sog. „Zufallserlöse“ am Strommarkt abgeschöpft und - über die in die Übertragung und Lieferung eingebundenen Unternehmen - an den Letztverbraucher weitergeleitet. Defizite in der Finanzierung werden vom Bund ausgeglichen. Mit der Abschöpfung von Zufallsgewinnen setzt die Bundesregierung die Vorgaben aus der Notfallverordnung (EU) 2022/1854 um.

Von der Abschöpfung betroffen sind Kraftwerke mit niedrigen Stromerzeugungskosten, die ihren Strom zu sehr hohen Preisen verkaufen konnten und können, weil die Erzeugungskosten von anderen Kraftwerken, vor allem von Gaskraftwerken, sehr schnell und sehr stark gestiegen sind

Betroffen sind folglich:

  • EEG-Anlagen (z.B. Solar- und Windenergie)
  • Braunkohlekraftwerke,
  • Kernkraftwerke,
  • Abfallverbrennungskraftwerke
  • Raffineriekraftwerke, die schweres Heizöl einsetzen

Ausgenommen sind:

  • bestimmte Energieträgerarten (Steinkohle, leichtes Heizöl, Flüssiggas, Erdgas, Biomethan und weitere Gase)
  • Kleinanlagen mit bis zu 1 MW Einspeiseleistung p.a.
  • Zwischengespeicherter Strom (aus den oben genannten Anlagen erzeugt)
  • Strom aus Stromspeicher
  • Strom ohne Netznutzung

Abgeschöpft werden Zufallserlöse oberhalb einer festgelegten Obergrenze und hiervon 90 Prozent. Die übrigen 10 Prozent bleiben beim Erzeuger, um Anreize für effizientes Verhalten am Markt zu erhalten.

Der Mechanismus startet ab dem 1. Dezember 2022. Die Laufzeit ist entsprechend der EU-Verordnung zunächst bis zum 30. Juni 2023 befristet, kann aber verlängert werden. Der erste Abrechnungszeitraum verläuft somit vom 1. Dezember 2022 bis zum 31. März 2023. Die ersten Meldepflichten an den Übertragungsnetzbetreiber sind bis zum 31. Juli 2023 zu erfüllen und die entsprechenden Überschusserlöse sind bis zum 15. August 2023 an den Netzbetreiber zu entrichten.

Fazit:

Die Gesetze zu Strom-, Gas- und Wärmepreisbremsen sind äußerst komplex und werfen eine Vielzahl von Fragen auf. Unternehmen sollten rechtzeitig ihre individuellen Auswirkungen bewerten, um die umfangreichen Melde- Informations- und Selbsterklärungspflichten bis zum 31. März 2023 einhalten zu können. 

Haben Sie weiterführende Fragen, dann kontaktieren Sie bitte Kristina Wrobel oder Philipp Kleinmann.

 

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